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Alles muß gratis sein

Letzte Woche wurde mir schlagartig etwas klar, das bisher irgendwie an mir vorbeigegangen ist, weshalb ich diese Gelegenheit nutzen werde, um wieder mal meine Meinung in die endlosen Weiten des Internets freizugeben.
Um das Ganze in aller Ausführlichkeit zu erklären, werde ich mal bei den App Stores die uns bei der mühseligen Aufgabe, unsere Smartphones mit unnötiger Software zu füllen, tapfer zur Seite stehen, beginnen. Und obwohl Apple diesen Namen für sich beansprucht, meine ich damit natürlich alle Vertreter dieser besonderen Website Spezies. Eigentlich geht es mir gar nicht so um die Stores sondern um deren Inhalt, der sich, unabhängig vom Anbieter, grob in zwei große Gruppen teilen lässt, die da wären kostenpflichtig und kostenlos. Auch auf dem internen Speicher meines Handys sind beide Gruppen anzutreffen. Für welche Seite ich mich entscheide hängt normalerweise damit zusammen, für wie nützlich ich das jeweilige App halte. Das funktioniert am besten bei solchen Progrämmchen, die auf beiderlei Art verfügbar sind. Dort hole ich mir anfangs immer die kostenlose Variante, probiere sie aus, und wenn sie mir nützlich und durchdacht erscheint und ich sie auch oft genug brauche, steige ich auf die kostenpflichtige Variante um. Ist ja nur fair, dem Programmierer was zu geben, wenn er mir mit gut geschriebener Software auch wirklich geholfen hat. Schon alleine deshalb, weil er mir die Wahl lässt, ob ich zahle oder nicht. Vollkommen anders verhalte ich mich allerdings bei pseudo gratis Angeboten, wie zum Beispiel WhatsApp oder diese unsäglichen “Free to Pay” [sic] Spiele mit ihren Micropayments. Die will ich nicht mal geschenkt! Und warum? Ganz einfach, der Grund liegt hier bei dem Motiv der Hersteller. Im einen Fall wird programmiert, um anderen Leuten etwas Nützliches zur Verfügung zu stellen und mit Glück auch noch ein paar Euro damit zu verdienen. Und im anderen Fall wird gezielt etwas als kostenlos angeboten, um eine möglichst große Verbreitung zu erreichen, nur um dann auf viel hinterhältigere Art viel mehr Geld zu verdienen, als durch einen normalen Verkauf möglich wäre. Sei es nun durch das Auswerten von Daten für Werbezwecke oder durch das kostenpflichtige anbieten von Hilfestellungen, ohne die ein Spiel entweder nicht komplett gespielt werden kann, oder nur mit großem Aufwand. Oder auf welche Art auch immer…

Und bis vor kurzem habe ich eigentlich gedacht, so würden das die meisten Leute machen. Als ich aber die Aufregung über den Facebook WhatsApp Kauf nutzen wollte, um wieder mal den Umstieg auf einen sicheren Messenger zu propagieren, kam ich zu einer völlig neuen Erkenntniss. Zwar kam ich nicht dahinter, warum es egal war, als die Unsicherheit des WhatsApp Systems bekannt wurde, es aber anscheinend ein Problem war, wenn ein Datensammler einen anderen kaufte. Aber ich schweife ab.

Als ich in meinem Kollegenkreis die Werbetrommel für Threema rührte, wollten viele nicht umsteigen. Nicht aber, weil sie bei WhatsApp bleiben wollten, sondern weil sie entweder nicht bereit waren, die 1.60 Euro für die kostenpflichtige App zu zahlen, oder aber, weil sie noch nie etwas in einem App Store bezahlt hatten und deshalb nicht wussten, wie sie das ohne Kreditkarte machen sollen. Das hat mich schon ein wenig irritiert, besonders, weil die üblichen Preise von 1 bis 3 Euro für eine gute App wirklich nicht zu hoch gegriffen waren und wohl keinen in den Ruin getrieben hätten.

Nun, ich muß zugeben, bis vor ein paar Jahren war ich auch noch ein großer Anhänger der “Alles muß gratis sein” Kultur. Wie lange es genau her ist, kann ich nicht mehr wirklich nachvollziehen, aber mein Umstieg auf “Was gut gemacht ist, darf auch gerne was kosten” begann ziemlich genau zu dem Zeitpunkt, als ich mich von Windows verabschiedete und begann, ausschließlich Linux zu nutzen. Klingt paradox, nicht wahr? Warum sollte ausgerechnet mein Umstieg auf Software, die per Definition immer kostenlos zu haben ist, mich zahlungswilliger gemacht haben? Genau das habe ich mich auch gefragt 🙂
Mein Problem mit komerzieller Software (Windows, Office und wie sie alle heißen) und auch der Hauptgrund für meinen kompletten Umstieg war immer schon die “Friss oder Stirb” Mentalität der großen Firmen. Da bekam man halbfertige Software, oder Software, die sich nur geringfügig von der Vorversion unterschied, war aber gezwungen umzusteigen, weil die alte Version nicht mehr oder nur mehr am Rande unterstützt wurde. Was mit der neuen Version erzeugt wurde, konnte die alte einfach nicht mehr lesen. Und natürlich kostete jede Version den vollen Preis von mehreren 100 bis über 1000 Schilling (ja, so lange ist das her 😉 ). Da verliert man irgendwann mal die Lust zu zahlen, weil einem vorkommt, man ist nur mehr dazu da, den Firmen ihren jährlichen Gewinn zu verschaffen.
Bei Open Source läuft das ganze ein wenig anders. Da gibt es meist über Jahre (oder Jahrzehnte 😉 ) hinweg die Version 0.xx oder 1.xx bei der nur die Zahl hinter dem Punkt hochgezählt wird. Dafür werden auch nur Features hinzugefügt oder Bugs gefixed. Da wird nicht jedes Jahr eine Version 2013 oder 2014 rausgehauen, mit einem brandneuen Interface und den selben, alten Fehlern wie der Vorgänger, aber mit dem Feature der totalen Abwärtsinkompatibilität. Außerdem werden die Wünsche der Community berücksichtigt, und wenn die sagt, wir wollen keine Toolbars mit riesigen Icons anstelle des Menüs, die auf den üblichen Breitbild Monitoren viel zu viel von dem kostbaren, vertikalen Platz verbrauchen und somit total sinnlos sind, dann kommen solche Toolbars auch nicht. Außerdem spielt sich die Innovation hier großteils hinter den Kulissen ab, wo sie für den 0815 User zwar nicht wirklich ersichtlich, für die Software aber viel wichtiger ist.
Und das beste: Wenn man will, kann man diese Projekte unterstützen. Sei es finanziell oder aber durch Programmierarbeit. Aber eben, nur wenn man will.

Dass ich hier kein einsamer Einzelfall bin, zeigt beispielsweise das “Humble Bundles” relativ anschaulich. Regelmäßig werden hier für eine begrenzte Zeit Bundles von Spielen, Musik oder Büchern angeboten. Meist Plattformübergreifend nutzbar und das beste: Für einen Betrag, den man sich selbst aussuchen, und dessen Verteilung man sogar selbst bestimmen kann.
Die Motive Geld auszugeben werden zwar höchstwahrscheinlich nicht immer die gleichen wie die meinen sein, aber aus der Statistik der vergangenen Bundles geht eindeutig hervor, dass die ach so geizigen Linux User seltsamerweise genau die sind, die meistens (wenn nicht immer) den höchsten freiwilligen Betrag zahlen. Hier aber nicht vom Tortendiagramm verwirren lassen. Das zeigt nämlich die Gesamtsumme aller gezahlten Beträge, weshalb Windows aufgrund der viel höheren Nutzerzahl auch den größten Anteil hat. Viel interessanter ist aber der durchschnittlich gezahlte Betrag. Dort überflügelt Linux sogar die, für ihre Zahlungsfreudigkeit besonders bekannten, Mac User 😉 .
Dass Mitbestimmung auch in anderen Bereichen des Lebens die Zahlungsfreudigkeit ankurbelt wird unter anderem durch Kickstarter, Indiegogo und wie sie alle heißen sehr eindrucksvoll gezeigt. Da werden die geforderten Summen nicht selten um ein vielfaches überschritten. Aber zurück zur Software.
Dort ist, aus welchem Grund auch immer, die Zahlungsmoral auf einem Allzeittief. Und ich denke mal, das betrifft nicht nur meinen Kollegenkreis. Was ich damit sagen will? Keine Ahnung, ich wollt nur mal wieder was schreiben 😉